Tanzplan Deutschland
Stempel
K3 - Zentrum für Choreographie / Tanzplan Hamburg338


Aktuelles64
Die Hamburgische Bürgerschaft hat beschlossen, das Choreographische Zentrum K3 auf Kampnagel zunächst in 2011 in vollem Umfang in Höhe von 300.000 Euro zu fördern. K3 wird als erfolgreicher Ort für die Entwicklung des zeitgenössischen Tanzes, für künstlerische Forschung, für internationale Vernetzung und Austausch sowie für Tanzvermittlung in Hamburg weitergeführt. Mit der durch Tanzplan Deutschland erhöhten Projektförderung für die freie Szene gibt es damit in Zukunft einen festen "Tanzplan-Titel" von jährlich 500.000 Euro für den zeitgenössischen Tanz in Hamburg. (Stand Mai 2011)621


Projektbeschreibung78
Auf Kampnagel wurde im Rahmen des Tanzplan Hamburg ein Zentrum für Choreografieentwicklung und -vermittlung eingerichtet. Junge Choregrafen erhalten im Rahmen eines neunmonatigen Aufenthalts am Zentrum die Möglichkeit zur Erarbeitung einer eigenen Produktion und können Vorlesungen am MA-Studiengang Performance Studies an der Universität Hamburg besuchen.

Das mit Tanzstudios, Seminarraum und Infozentrum ausgestattete Zentrum, das Dr. Kerstin Evert leitet, ist zugleich zentrale Anlaufstelle Hamburger Tanzschaffender. Es dient als Trainings -und Probenort, Bühne und Veranstaltungsraum für Aus- und Weiterbildung und Gedankenaustausch. Das Zentrum vermittelt zeitgenössischen Tanz als innovative künstlerische Praxis und gesellschaftlich relevante Wissenskultur.

Aus Mitteln der Stadt Hamburg wurde 2007 eine bereits existierende Halle auf Kampnagel umgebaut und zusätzlich eine angrenzende Halle für Aufführungen zur Verfügung gestellt - die Eröffnung des Zentrums K3 war im Oktober 2007. Das Zentrum arbeitet unter eigener Leitung und inhaltlich unabhängig vom künstlerischen Programm Kampnagels, ist aber Teil seiner Organisationsstruktur. Seither gibt es u. a. ein professionelles Tanztraining, in Zusammenarbeit mit dem Studiengang „Performance Studies” bzw. der VHS Hamburg professionelle Workshops und einen Jugendclub. Im Rahmen des Artist-in-Residence-Programms wurde ein breitgefächertes Kursangebot entwickelt. Eine Fachjury wählt jeweils die jungen Choreografen für das neunmonatige Programm aus und widmet sich neben der Fortbildung dieser Stipendiat/innen intensiv der öffentlichkeitswirksamen Vermittlung von Tanz und Choreografie.

Die Residenzchoreografinnen 2007 waren Monica Antezana (Hamburg / Cochabamba, Bolivien), Jenny Beyer (Rotterdam / Hamburg) und Lina Lindheimer (Gießen / Berlin); die im Rahmen ihrer Residenz entstandenen Choreografien waren im November und Dezember 07 im K3 auf Kampnagel zu sehen. Die Residenzchoreografinnen 2008 waren Lucia Glass (Berlin), Sylvi Kretzschmar (Köln) und Doris Stelzer (Wien), deren Produktionen im Winter 08 erstmals zu sehen waren. Für das Jahr 2009 wurden Fabian Barba (Ecuador), Begüm Erciyas (Türkei) und Gudrun Lange (Düsseldorf) ausgewählt, die bis Dezember in Hamburg sein werden. in 2010 sind in Residenz Sebastian Matthias (Berlin), Margret Bjarnadottir (Island) und Lea Martini (Amsterdam | Berlin) - ihre Arbeiten sind im November und Dezember 2010 am K3 - Zentrum für Choreografie in Hamburg zu sehen.
(Stand Juli 2010)


Beitrag von Klaus Witzeling in
"Jahresheft Tanzplan Deutschland 2006/07 (März 07)"


Relevante Vielfalt
In den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts gehörte die Hansestadt Hamburg mit den Pionieren Rudolf von Laban und Kurt Jooss zu den Zentren der Tanzavantgarde. Doch in der Folge kam der moderne Tanz an der Elbe stets zu kurz. Zwar führte die Lola-Rogge-Schule seine Tradition nach dem Krieg weiter, sorgt bis heute erfolgreich für Nachwuchs. Aber seine lokale Pflege und Ausformung im Kontext der so vielfältigen wie reichen internationalen Entwicklungen geriet im Vergleich zu anderen deutschen Städten (von europäischen gar nicht zu reden) in den vergangenen 20 Jahren beinahe hoffnungslos ins Hintertreffen. Die Hamburger bekamen vor allem durch Gastspiele auf Kampnagel eine Ahnung davon, welche Fülle tanztheatralischer Formen sich jenseits des beschränkten Alster-Horizonts aufgetan hatte. Trotz einiger individueller, auch wiederholt initiativer Anläufe und künstlerischer, zumeist durch die Kampnagel-Leiter geförderter Kraftanstrengungen blieben Tanztheaterkünstler im Abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit und vor allem der finanziellen Förderung, was die Abwanderung von Talenten und eine beinahe totale Ausdünnung der Szene bewirkte. Für die Mehrzahl der Kulturpolitiker und des Hamburger Publikums gilt Tanz bis heute als Synonym für John Neumeier und sein weltbekanntes Hamburg Ballett.

Mit der Realisierung des Tanzplans Hamburg wird das Ruder nun endlich herumgeworfen. Ein Neubeginn für den zeitgenössischen Tanz wird angesteuert – Kultursenatorin Karin von Welck sei Dank. Durch ihre Biografie keineswegs eine Frau des Tanzes, nutzte sie doch so energisch wie geistesgegenwärtig die Gunst der Stunde, als die Kulturstiftung des Bundes mit dem Tanzplan Deutschland Städte zur Bewerbung für "Tanzplan vor Ort"-Projekte aufforderte. Mit dem Zuschlag für den Tanzplan Hamburg und somit 1,2 Millionen Euro Unterstützung für das von ihr eingereichte Modell eines Zentrums für Choreografie, versucht von Welck nun nachzuholen, was ihre Amtsvorgänger in den frühen Achtzigerjahren verkannt und verpasst haben.

In engem Austausch der Kulturbehörde mit dem neuartigen Hamburger MA-Studiengang „Performance Studies“ unter der Leitung von Prof. Gabriele Klein und in Zusammenarbeit mit Kampnagel-Intendantin Gordana Vnuk entstand das Konzept. Es wurde von der Theaterwissenschaftlerin und Tanzdramaturgin Kerstin Evert gemeinsam mit der Tanzjournalistin Edith Boxberger verfasst und betont die Vermittlung „des zeitgenössischen Tanzes als innovative künstlerische Praxis sowie als gesellschaftlich relevante Wissenskultur“. Hauptaspekt des Tanzplans Hamburg ist die Förderung des choreografischen Nachwuchses durch die Einrichtung eines inhaltlich autonom arbeitenden Ausbildungs- und Informationszentrums innerhalb der Kulturfabrik Kampnagel. Drei Aufgaben soll es im Wesentlichen erfüllen: Erstens Qualifizierungsangebote für Tanzschaffende in Hamburg wie ein regelmäßiges Profi-Training und Workshops zu schaffen. Zweitens soll ein Theorie und Aufführungspraxis verbindendes Förderprogramm für Nachwuchschoreografen in Residence etabliert werden. Drittens soll die Vernetzung mit anderen Institutionen der Stadt wie Theaterakademie und MA-Studiengang „Performance Studies“ aufgebaut und die Vermittlung von Tanz in der Öffentlichkeit, besonders im Bildungsbereich vorangetrieben werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Verbesserung der infrastrukturellen Produktionsbedingungen für die Hamburger Tanzschaffenden: Zwei neue Studios im entstehenden K3 – Zentrum für Choreographie werden ihnen, je nach Kapazitäten, als Trainings- und Probenort zur Verfügung stehen. Die Hamburger Kulturbehörde übernimmt nicht nur die Baukosten für das Zentrum, sondern verpflichtete sich zusätzlich zur Anhebung ihrer Projektfördermittel für Tanz. Ab der Spielzeit 07/08 wird die bislang im Budget für freie Tanztheater-Produktionen vorbehaltene Fördersumme für die Dauer von vier Jahren auf 200 000 pro Saison verdoppelt. Insgesamt stehen 1.261.853 Euro an Investivmitteln bereit. Das K3 – Zentrum für Choreographie kann damit zugleich Trainings- und Probenort, Raum für Aufführungen und Weiterbildung sowie Kommunikationsforum für Hamburger Tanzschaffende und ihr Publikum werden. Diese Vielfalt in Kombination mit der im deutschsprachigen Raum bisher einmaligen Theorie-Praxis-Verknüpfung im Residence-Programm durch die Kooperation mit dem MA-Studiengang „Performance Studies“ gaben wohl letztlich den Ausschlag für die Entscheidungsgremien des Tanzplans Deutschland, das Hamburger Modell für nachhaltige Nachwuchsförderung mit der Höchstsumme zu unterstützen.

Mitte Juni beginnen die Umbauarbeiten der bisherigen Ausstellungshalle K3. Rund 850 000 Euro vergibt die Kulturbehörde für die Einrichtung der beiden ungefähr 130 bzw. 110 Quadratmeter großen Proben- und Trainingsstudios und den Umbau der Probebühne P1 zum flexiblen Aufführungsort mit etwa 100 Plätzen. Dazu entstehen Garderoben, ein Vortrags- und Seminarraum sowie Computerarbeitsplätze. Infrastruktur und Technik-Support für das Zentrum stellt Kampnagel bereit, außerdem bis zu 40 Aufführungstage pro Spielzeit für Veranstaltungen. Diese Verabredungen gelten weiter, wenn Amelie Deuflhard die Kampnagel-Intendanz zur Spielzeit 07/08 übernimmt. Genauso wird Kerstin Evert als Leiterin des Tanzplan Hamburg weiterhin unabhängig über inhaltliche und künstlerische Fragen des K3 – Zentrum für Choreographie entscheiden. Ihr zur Seite stehen Ewa Ferens für den Bereich Kommunikation und Jana Lüthje.

Bereits im April lief?(?f die bis Dezember 2007 dauernde erste Runde für drei Residence-Choreografinnen an. „Wir waren auf der Suche nach viel versprechenden Talenten mit beruflicher Erfahrung, aber auch nach offenen, neugierigen, mitdenkenden und reflektionsbereiten Persönlichkeiten, die willens sind, sich in den Entwicklungsprozess des Tanzplan-Ausbildungsprogramms konstruktiv einzubringen“, erläutert Evert die Auswahlkriterien. Denn sie betrachtet den ersten Residence-Jahrgang als eine Art Pilotphase, in der das Tanzplan-Modell mit den Mentoren überprüft, durch Erfahrungen modifiziert, den Bedürfnissen entsprechend angepasst und ausgebaut werden soll. Im Konzept sind jeweils drei Choreografen für neun Monate als Artists in Residence vorgesehen. Sie werden von einem künstlerischen Mentor begleitet. Auch in den Fachgebieten Dramaturgie, Organisation, Technik und Öffentlichkeitsarbeit erhalten sie Unterstützung vom Tanzplan-Büro. Sie besuchen praktisch-produktionsorientierte sowie tanz- und performancetheoretische Qualifikationskurse, Veranstaltungen der „Performance Studies“ und können am Trainingsangebot und allen weiteren Veranstaltungen des Tanzplans Hamburg teilnehmen.

Monica Antezana aus Bolivien, die in Gießen studierende Lina Lindheimer und die Hamburgerin Jenny Beyer, die zur Zeit in Rotterdam lebt, wurden unter den 80 Bewerbern als erste K3-Artists in Residence ausgewählt. Zum beratenden Jurygremium gehörten Stefan Hilterhaus, künstlerischer Leiter PACT Zollverein Essen, das Künstlerduo Kattrin Deuffert/Thomas Plischke sowie die Journalistin Edith Boxberger. Als Mentoren kommen für April und Mai der rumänische Choreograf Manuel Pelmus, der in Bukarest ein choreografisches Zentrum aufbaute, und die Dramaturgin und Kuratorin Sally de Kunst aus Brüssel. Kampnagel stellt für die laufende Übergangsphase Probebühnen zum Arbeiten bereit, doch Mitte Oktober ist die Eröffnung des K3 Zentrum für Choreographie / Tanzplan Hamburg mit einem großen Dreitage-Fest geplant.340

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[ Kontakt vor Ort ]177
Kerstin Evert341
K3 - Zentrum für Choreographie / Tanzplan Hamburg
c/o Kampnagel Hamburg342
Jarrestr. 20343
22303 Hamburg344
www.k3-hamburg.de345
[ Partner vor Ort ]178
Kampnagel Internationale Kulturfabrik GmbH348
Universität Hamburg / MA-Studiengang "Performances Studies"349
[ Förderer vor Ort ]179
Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg357

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